Wildnis auf Kurs
Evaluierungsbericht zum Nationalpark Hunsrück-Hochwald vorgestellt
Auf der gestrigen Kommunalen Nationalpark-Versammlung wurde der Endbericht einer Evaluierung der Nationalen Naturlandschaften für den Nationalpark Hunsrück-Hochwald vorgestellt. Das externe Komitee bescheinigt dem Nationalpark Hunsrück-Hochwald seit seiner Gründung 2015 eine positive Entwicklung. Besonders hervorgehoben wird die zügige Entlassung großer Flächen in die eigendynamische Entwicklung – das 75-Prozent-Wildnisziel wird deutlich früher erreicht als ursprünglich geplant. Der Bericht nennt zugleich aber auch Handlungsfelder für eine Verstetigung und dauerhafte Festigung der Erfolge des Schutzgebiets.
Ein externes Evaluierungsgremium hat im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz den Ist-Zustand aller 16 Nationalparke anhand definierter Qualitätskriterien und -standards evaluiert. Das Ergebnis ist ein detaillierter Bericht für jeden Nationalpark, der ein umfassendes Bild über die Stärken und Schwächen des Gebiets liefert und Handlungsempfehlungen formuliert.
Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald war in der aktuellen Evaluierungsrunde von 2022 bis 2024 eines der ersten Gebiete mit dem Nationalpark Eifel, die unter die Lupe genommen wurde. Der aktuell herausgegebene Bericht legt dar, inwieweit vorab definierte Standards für das Schutzgebiet bereits erreicht sind und in welchen Bereichen noch Verbesserungsbedarf besteht. Es werden die Themenfelder Rahmenbedingungen, Organisation, Schutz der natürlichen biologischen Vielfalt und Dynamik, Management, Kooperationen und Regionalentwicklung, Kommunikation, Bildung und Naturerleben sowie Forschung und Monitoring beleuchtet.
Die aktuelle Evaluierung des Nationalparks Hunsrück Hochwald würdigt die naturschutzfachlichen Fortschritte des Parks: Der Aufbau großflächiger Wildnis schreitet schneller voran als erwartet und stärkt Biodiversität, Gebietswert und Besuchserlebnis. Gleichzeitig macht der Bericht klar: Um Erreichtes zu verstetigen, braucht es verlässlichere Ressourcen. Benannt werden insbesondere die auskömmliche Finanzierung angesichts Inflation und steigender Energiekosten sowie zusätzliche Stellen in Schlüsselbereichen wie Umweltbildung, Digitalisierung, Freiwilligenmanagement und Forschung. Für die Besucherinformation an mehreren Nationalpark-Toren seien belastbare Betreibermodelle – idealerweise mit kommunaler Einbindung – nötig. Als neuralgischer Punkt gilt das Nationalpark-Tor Wildfreigehege Wildenburg: Ohne ausreichende Landesmittel bzw. alternative Lösungen (z. B. andere Träger) drohen Zielkonflikte mit zentralen Aufgaben des Parkmanagements.
Der Bericht regt außerdem an, den umfangreichen Einsatz in der Regionalentwicklung zu fokussieren: klare Prioritäten, realistische Aufgabenpakete und eine Konzentration auf die Kernaufgabe „unberührte Naturdynamik ermöglichen“. Strukturell wird die langgezogene, schmale Parkform als störungsanfällig bewertet; empfohlen werden Arrondierungen.
Seit Ende der Erhebungsphase hat die Parkverwaltung zentrale Punkte bereits angepackt: Für die Tore gab es personelle Verstärkung; die finanziellen Mittel wurden vom Land – auch mit Blick auf Investitionen an den Toren – von rund 5,5 auf bis zu 7,5 Mio. € erhöht. Die Trägerschaft am Standort Wildenburg wurde übernommen; parallel werden kommunale Kooperationen weiterentwickelt.
In der Regionalentwicklung wurden Zuständigkeiten geschärft. Hierzu trägt u. a. die geplante Fusion der übergeordneten touristischen Destinations-Organisationen bei. Auf der Kommunalen Nationalpark-Versammlung stellt hierzu Katja Hilt, Geschäftsführerin der Naheland-Touristik, den geplanten Zusammenschluss von Naheland und Hunsrück Touristik vor. Die gebündelte Konzeption in der Gesamtregion kann die Produkteinheit Nationalpark-Region in einem größeren Kontext einbinden.
Die Zusammenarbeit mit dem Naturpark wurde in vielen Bereichen verstärkt, in der Umweltbildung bei Schule & Kita, bei der Partnerinitiative, in der Öffentlichkeitsarbeit bspw. mit einer gemeinsamen Social-Media-Kampagne und bei der Ausbildung zertifizierter Natur- und Landschaftsführerinnen und -führer.
Auf der Kommunalen Nationalpark-Versammlung spricht Dr. Harald Egidi auch über Arrondierungschancen. Perspektivisch könnte das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ helfen, um über Ankauf von Flächen oder auch langfristige Pacht Randeffekte zu reduzieren.
Insgesamt gibt der Bericht der Arbeit des Nationalparks Rückenwind für seinen weiteren Kurs. Amtsleiter Egidi resümiert aus Sicht der Nationalparkverwaltung: „Wir kommen schneller als erwartet zum 75-Prozent-Wildnisziel – das macht die Einzigartigkeit unseres Gebiets sichtbar und erlebbar. Zugleich nehmen wir die Empfehlungen ernst: stabile Finanzierung, kluge Personalplanung und tragfähige Betreibermodelle, insbesondere an der Wildenburg. Vieles haben wir bereits angestoßen – zusätzliche Mittel, mehr Personal an den Toren und eine stärkere Verzahnung mit Kommunen, Touristik und dem Naturpark. Die regelmäßige Überprüfung im Zehnjahresrhythmus verstehen wir als Einladung zum kontinuierlichen Verbesserungsprozess – mit klarem Fokus auf unsere Kernaufgabe: Natur sich selbst überlassen.“
Evaluierung der deutschen Nationalparke
Die Nationalen Naturlandschaften als Dachverband der deutschen Nationalparke, Naturparke, Biosphärenreservate und Wildnisgebiete führt das Vorhaben „Evaluierung der deutschen Nationalparke“ durch, gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Evaluierung sichert im etwa zehnjährigen Zyklus die Qualität aller 16 deutschen Nationalparke. Ein unabhängiges Komitee bewertet jeden Park anhand festgelegter Standards auf Basis von Selbsteinschätzungen, Vor-Ort-Bereisungen und Stakeholder-Befragungen. Die parkspezifischen Berichte enthalten Gesamteinschätzungen und konkrete Handlungsempfehlungen; eine Querschnittsauswertung vergleicht Stärken und Schwächen über alle Parks und über die vorangegangenen Evaluierungsrunden. Ziel ist die kontinuierliche Qualitätsentwicklung und die Stärkung des Schutzgebietssystems als Ganzes.